Landkarte / Prozess / Kapitelgliederung

Kapitelgliederung

Der rote Faden
Er ist nicht der Retter des Lesers, mit dessen Hilfe dieser aus dem Labyrinth der Gedanken, Geschichten, Thesen oder Argumente wieder aus einem Buch herausfinden kann. Der rote Faden führt ins Buch hinein und hindurch. Nebenbei hält er den Text und damit das Buch als Ganzes zusammen. »Wir hören von einer besonderen Einrichtung bei der englischen Marine«, schreibt Goethe in den Wahlverwandtschaften. »Sämtliche Tauwerke der königlichen Flotte sind dergestalt gesponnen, dass ein roter Faden durch das Ganze durchgeht, den man nicht herauswinden kann, ohne alles aufzulösen, und woran auch die kleinsten Stücke kenntlich sind, dass sie der Krone gehören.« Der portugiesische Autor Sándor Márai vervollständigt diesen Gedanken in seinen Tagebüchern: »Der rote Faden ist aus dem Besitz der Flotte in den der Literatur übergegangen.« Übrigens: Dieser Faden heißt im Lateinischen filum. So wird der Philologe (griechisches »Ph«) zum »Filologen« (lateinisches »F«), also zum Fadenforscher.

Wortfeld
Absatz Abschnitt Anleitung Anordnung Artikel Aufbau Aufstellung Form Gedankenfolge Gefüge Gerüst Hauptstück Kapitula Katalog Konzept Kurs Leitfaden Leitgedanke Leitschnur Linie Liste Matrix Modell Muster Ordnung Organisation Paragraph Passage Passus Register Struktur Syllabus System Textabschnitt Textstelle Thema Überblick Übersicht Verzeichnis.

St Strukturieren. — Zuerst grob (Schrank, Schubladen), dann feiner (Kapitel, Abschnitte, Themen) gliedern. Das Inhaltsverzeichnis spiegelt die Struktur. Prüfen, ob die Stichwortmethode ein einfacher Weg sei kann, das Sb zu strukturieren.

Rängespiele. — Halten Sie sich von einer schematischen Einteilung fern, die mit Hilfe von Zahlen verschiedenen Ranges gliedern will. Was sich zunächst optisch gut macht und nach sauberer Gedankenarbeit aussieht (1. Kapitel / 3. Unterkapitel / 4. Zwischenüberschrift), überfordert schnell den Leser. Eine solche Einteilung ist für Diplomarbeiten und Fachbücher sicherlich richtig, eine Welle der Begeisterung wird so ein knochentrockenes Skelett bei einem Projekt für das allgemeine Lesepublikum nicht aufkommen lassen.
— Dirk R. Meynecke, Die Autoren-Fibel. Von der Idee zum Bucherfolg. München, 1991.

Medizinbuch. — Das älteste erhaltene medizinische Fachwerk ist das Buch des Gelben Kaisers zur Inneren Medizin, wahrscheinlich zwischen 475 und 221 v. Chr. verfasst. Bis heute bildet es die theoretische Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin. Huang Di Nei Jing besteht aus den Teilen »Su Wen« und »Ling Shu«, welche in 18 Bände und 162 Kapitel gegliedert sind.
Vgl. Shi Chun Wen, Lijun Zhuo, Mit TCM gesünder leben Zufriedenheit und Lebensqualität für den Alltag. Wien, 2008.

Akzente. — Die Kapitel gliedern sich nicht nach Motiven, sondern nach »Bewegkräften, die unsere Zeitlandschaft und die innere Landschaft unseres Selbst formen«.
— Helmut Böttiger, Die Gruppe 47. Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb. München, 2012.

Die Struktur des Denkens. — Eine der Abstraktionsstufen unseres Denkens umfasst das Festhalten von Ideen, Einfällen, kreativen und intellektuellen Gedanken in der Form von Bildern, Skizzen, Zeichen und Texten. Das Visualisieren, Schematisieren und Strukturieren von Gedanken- und Argumentationsprozessen mittels Wörtern ist sowohl Bestandteil des individuell-geistigen als auch des wissenschaftlichen Arbeitens. In einem Text gliedern Kapitel, Überschriften, Absätze und Sätze den Sinnzusammenhang eines behandelten Stoffes für den Rezipienten. Der Grund für das Eröffnen eines Subkapitels oder das Setzen eines Absatzes kann beispielsweise das ausführliche Beantworten einer Frage, ein Exkurs oder ein notwendig erscheinender exemplarischer Umweg sein.
— Joachim Zischke, Cogituren. In: QWERTZ. Tastaturtexte. Unveröffentlicht.

Theologische Gliederung. — Theologen gliedern ihre Gedanken, wie Sie wissen, am liebsten in drei Kapitel, da sie sich gern ins Innenleben Gottes versetzen, wo die Dreizahl den Ton angibt, gelegentlich auch in sieben, sofern sie in Nachahmung des Schöpfers die Stimme erheben, oder in zehn, wenn sie sich dem Urheber der Gebote-Tafeln angleichen.
— Peter Sloterdijk, Scheintod im Denken. Von Philosophie und Wissenschaft als Übung. Berlin, 2010.

Verwandte Themen

 Inhaltsverzeichnis