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Buchgestalten

In der kleinen, feinen Erzählung Das Papierhaus von Carlos María Dominguez begegnen wir zwei Buchgestalten: dem Bücherliebhaber Delgado und Bibliomanen Carlos Brauer.

Ersterer zieht sich des abends nach getaner Arbeit in seine Bibliotheksräume zurück, die eine ganze Wohnetage umfassen. Zwei, drei Stunden nimmt er sich die Zeit, um ungestört ein Werk zu studieren. Dabei greift er sich aus den Regalen, was er meint zum Thema zu benötigen: Lexika, Kommentare und Sekundärliteratur. In Überfülle häuft er Bücher und Bände um seinen Arbeitsplatz und versenkt sich buchstäblich in den Werken.

»Wieviele Bücher stehen hier?«, fragte ich.
»Offen gestanden, habe ich irgendwann aufgehört zu zählen. Aber ich nehme an, um die achtzehntausend. Ich habe Bücher gekauft, solange ich denken kann. Wer sich eine Bibliothek aufbaut, der baut sich ein ganzes Leben auf. Sie ist nämlich nie die Summe ihrer einzelnen Exemplare.«

Der andere, Carlos, nutzt seinen Wohlstand dazu, seine Wohnräume zu einem Bücherrefugium umzugestalten. Sommers wie winters duscht er kalt, damit ja kein Dampf die Bücher im Badezimmer beschädigen könnten. Dann aber, durch ein verheerendes Feuer, verliert er nicht nur viele Bücher, sondern auch seinen selbstverfassten Katalog. Die Bibliothek wird für ihn unkontrollierbar. In einem Akt der Verzweiflung und des Wahns, baut er sch an einer einsamen Strandgegend ein Haus – aus den verbliebenen intakten Büchern.

»Das Hauptproblem war, und das sage ich Ihnen unumwunden, dass er in seinem Haus einfach viel zu viele Bücher hatte. Er hätte ein Vermögen gebraucht, um sie vor Feuchtigkeit, Silberfischchen, Motten, Staub und Spinnweben zu schützen. Seine Leselust war in gewisser Weise unkontrollierbar geworden. Was mich betrifft, so finde ich, daß ich viel zu wenig Zeit für meine Lektüre habe. Aber stellen Sie sich einen Mann vor, der den ganzen Tag, und, wenn er will, auch noch die Nacht zur Verfügung hat. Und genügend Geld, um sich jedes Buch zu kaufen, das er haben möchte. So jemand wird maßlos. Er ist seiner Leidenschaft hoffnungslos ausgeliefert.«

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