Landkarte / Autor

Autor Seite 2

Die allerwichtigste Frage. — Rilke hat sie in Briefe an einen jungen Dichter gestellt: Muss ich schreiben? Wer sie in einer stillen Nachtstunde für sich beantwortet, wird mehr über sich und sein Ziel wissen.

Erfolgsaussichten. — Ja, man kann mit einem einzigen Buch richtig reich werden. Wie viele Autoren schaffen das? Kein Fingerhut voll. Merken wir uns also: Ein erfolgreiches Buch ist so selten wie ein Lottogewinn in den oberen Rängen.

Nur Meinungen. — Wer nicht mehr als Meinungen vorzuweisen hat, ist kein Experte. Er sollte das Bücherschreiben sein lassen.

Zwei Chancen. — Für einen Autor bieten sich meist zwei Arten von Chancen: die erste, einen Gedanken oder eine Idee beliebig lang und intensiv zu verfolgen; die zweite, diesen Gedanken gesammelt in Buchform dem Vergessen zu entreißen.

Sie werden alle gegen sich haben: Verleger, Agenten, Kritiker, Zeitungen, selbst das Publikum.

Aufgepasst! — Das französische nom de plume bedeutet »Schriftstellername« und gilt nur für Autoren. Ein (griechisches) »Pseudonym« benutzen Leute, um ihre Identität zu verschleiern. Kriminelle verwenden einen »Decknamen«, das (lateinische) »Alias«.

An seinen Nachruf denken. — Die Aufforderung, »Schreiben Sie Ihren Nachruf, bevor es andere tun«, sollte, um unsterblich zu werden, um »und Ihre Trauerrede gleich mit« ergänzt werden.

Eines Autors Zenit. — Ein Autor, der von sich sagt, er hätte vor allem den Wunsch, unverständlich zu sein, hat den Zenit seines Schaffens schon überschritten – oder wird ihn nie erreichen.

Die wichtigsten Aufgaben des Autors sind verführen, amüsieren, provozieren und beleben.
— Botho Strauß

Das richtige Alter. — Die Frage, welches Alter eines Schriftstellers das richtige ist, von da an er »sehr zurückgezogen« oder »vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen« leben sollte, ist noch nicht beantwortet worden.

Falsche Fragen. — Zwei Fragen, die sich ein Autor nie stellen sollte: Wer bin ich, dass ich das schreibe? Wen kümmert das, was ich schreibe?

Luxus. — Der Luxus des Autors: Raum und Zeit. Und geistige Freiheit. Nicht Geld.

An wen schreiben. — Der Autor ist sein erster Leser. An ihn, für ihn schreibt er.

Warum schreiben. — Ludwig Wittgenstein sagt: »Ich möchte nicht mit meiner Schrift Anderen das Denken ersparen. Sondern, wenn es möglich wäre, jemand zu eigenen Gedanken anregen.« Ein klares Bekenntnis zur Erkenntnis.

Spuren. — Ein Dichter muß Spuren seines Schaffens hinterlassen, nicht Beweise, sagt René Char. Nur Spuren lassen uns träumen. Was, fragt Palim, wenn nun der Autor, indem er auf seine Art über die Spuren seines Schaffens nachdenkt, sie in Beweise verwandeln möchte?

The true writer, that free servant of life, is one who must always be acting as if life were a category beyond anything the novel had yet grasped; as if life itself were always on the verge of becoming conventional.
— James Wood, How Fiction Works. New York, 2008.

Autor und Buch. — Wenn das Buch das Aktienpaket des Autors ist, dann ist der Buchmarkt die Börse, an dem er es platziert.

Frage und Antwort. — »Was antworten Sie, wenn man Sie fragte, warum Sie schreiben?« — »Ich antwortete: Ich arbeite für die Kunst, zum Wohl der Allgemeinheit, aus Kreativität.« — »Bullshit! Sie arbeiten aus purem Eigennutz.«

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